Film
Der Abstecher nach Berlin war eigentlich nicht geplant. Doch während unserer Reise erreichte uns plötzlich die Einladung von Sat1, an der Premiere der Wanderhure in Berlin teilzunehmen. So schnell wie diesmal haben wir wohl selten unsere Pläne geändert und zugesagt. Unsere bisherigen Erfahrungen mit Berliner Campingplätzen und den langen Anfahrtszeiten ins Zentrum hielten uns davon ab, mit dem Wohnwagen hinzufahren. Daher wählten wir für die eine Nacht ein Hotel und ließen unser rollendes Arbeits-, Schlaf-, und Wohnzimmer in Schobüll zurück.
Die Fahrt nach Berlin verlief ohne Probleme. Auf dem Weg zum Hotel gab es jedoch eine Begegnung der besonderen Art, denn wir benützten die selben Straßen, auf denen Lore in unserem Roman Aprilgewitter ausgefahren ist und für den Bruchteil eines Augenblicks sahen wir statt der Autos Kutschen und Reiter, die uns lächelnd begrüßten.
Wir kamen früh genug im Hotel an, um gemütlich essen und uns etwas erholen zu können. Unsere Filmagentin Isabel holte uns pünktlich ab und brachte uns in ein weiteres Hotel, in dem sich die Maske befand. Dort saßen bereits Alexandra Neldel und Elena Uhlig und fieberten dem großen Auftritt am Abend entgegen. Auch wir überließen uns kurz den geschickten Händen der Visagistinnen, und gingen dann in die Lobby zu Isabel und Frau Hinteneder von Sat1. Bei den beiden saß eine ausnehmend hübsche junge Dame und begrüßte uns mit den Worten. „Ich sehe jetzt zwar anders aus, aber ich bin Hiltrud!“
Wir hätten Nadja Becker aber auch so erkannt und freuten uns, sie zu sehen. In rascher Folge trafen nun auch Bert Tischendorf, Götz Otto und Julian Weigend, die Produzenten Andreas Bareiss und Sven Burgemeister, der Regisseur Hansjörg Thurn, Gabriele Kister, die das Drehbuch für die Wanderhure geschrieben hat, sowie etliche maßgebliche Leute von Sat1 ein. Außerdem lernten wir endlich Andreas Bareiss Geschäftspartnerin Gloria Burkert kennen, die ebenfalls großen Anteil an dem Gelingen der Verfilmung hat. Es war eine angenehme Runde, die sich hier zusammengefunden hatte, und doch war die Anspannung vor der großen Premiere in der Astor Film Lounge zu spüren. Die wenigen Schritte dorthin legten wir zu Fuß zurück. Alexandra Neldel, Götz Otto und die anderen waren es gewohnt, im Blitzlichtgewitter der Fotografen auf dem roten Teppich zu stehen, doch für uns war es ein seltsames Gefühl. Die Menge der Fotografen, die sich hier versammelt hatte, überraschten alle, und so dauerte es einige Zeit, bis wir entlassen wurden und die Astor Film Lounge betreten konnten.
Mit einem Schluck Met, ein paar Knabbereien und einigen interessanten Gespräche mit Premieregästen brachten wir die restliche Zeit bis 20:00 Uhr hinter uns und nahmen anschließend unsere Plätze ein. Herr Kosack von Sat1 hielt eine kurze Ansprache, dann wurde es im Saal dunkel und auf der Leinwand erschienen die ersten Bilder der Wanderhure. Es war ein grandioses Gefühl, die Personen, denen wir mit diesem Roman Leben eingehaucht hatten, nicht wie bisher auf dem Fernsehgerät, sondern auf der großen Kinoleinwand zu erleben. Fasziniert verfolgten wir Maries Weg von der Konstanzer Bürgerstochter bis hin zur Wanderhure, die ihre verlorene Ehre wiedererlangen will und dies zuletzt auch schafft.
Der Beifall am Ende war gewaltig und er wurde auch nicht leiser, als Herr Kosack schließlich alle Darstellerinnen und Darsteller, sowie alle für den Film maßgeblichen Leute nach vorne auf die Bühne rief. Für uns war es ein großes Erlebnis, neben einer fabelhaften Alexandra Neldel (Marie), neben Elena Uhlig (Mechthild von Arnstein), Nadja Becker (Hiltrud), Lili Gesler (Madeleine), Agatha Taffertshofer (Berta), Bert Tischendorf (Michel), Julian Weigend (Ruppertus), sowie Götz Otto, der einen grandiosen König Sigismund spielte, stehen zu dürfen.
Ihnen allen, aber auch Hansjörg Thurn, Gabriele Kister, Gloria Burkert, Andreas Bareiss, Sven Burgemeister und allen anderen, die mitgeholfen haben, dass ein Traum Wahrheit geworden ist, gilt unser innigster Dank.
Ein großes Kompliment wollen wir auch dem großartigen Berliner Premierenpublikum aussprechen. Sie haben den Film mit offenen Herzen angenommen und diesen Abend erst so richtig zu einem ganz besonderen Abend gemacht. Es gibt keine Stadt, in der wir diese Premiere lieber erlebt hätten als bei euch in Berlin.
Nach dem Film war der Abend noch lange nicht zu Ende. Berliner feiern gerne und wir haben uns ebenso gerne angeschlossen. Dabei konnten wir noch etliche angenehme Gespräche führen. So erzählte Agathe Taffertshofer, dass es der Traum jeder Schauspielerin und jedes Schauspielers wäre, einmal bei einem so saftigen „Historienschinken“ dabei zu sein und dass sie ihre Rolle als Berta trotz gelegentlicher Diskussionen mit den Ziegen voller Begeisterung gespielt hätte. Sie berichtete auch, dass Hansjörg Thurn extra Schlammlöcher graben ließ, durch die sie mit ihrem Ziegenwagen fahren mussten.
Es wurde sehr spät, doch irgendwann winkte auch uns der Bettzipfel. Wir verabschiedeten uns von all den Menschen, die uns bereits in Fót bei Budapest, spätestens aber hier in Berlin ans Herz gewachsen sind, und teilen mit ihnen die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Marie, Michel, Hiltrud und König Sigismund.
Am nächsten Tag verließen wir nach einem letzten, angenehmen Gespräch mit Frau Hinteneder Berlin und fuhren nach Schobüll zurück. Statt im Grand Hotel Esplanade wartete unser Bett im Wohnwagen auf uns, sowie weitere Aufgaben, die es zu bewältigen galt.
Iny und Elmar Lorentz