Reisen & Recherchen
Teil zwei: Von Zamosc bis Krakau
Auf der Weiterfahrt gab es ein amüsantes Erlebnis. Elmar traute der Ansage des Navis nicht und fuhr daher geradeaus weiter. Natürlich hatte er nicht recht. Doch als wir wendeten und zurückfahren wollten, rief Urszula auf einmal, er solle in die Einfahrt des Schlosses von Sieniawa einbiegen. Sie wollte doch sehen, wie weit dieses Schloss bereits restauriert worden wäre. Elmar tat es und wir standen vor einem prachtvollen Bau, der seinerzeit nur eine von mehreren Nebenresidenzen der dortigen Magnatenfamilie gewesen war und einmal sogar einer Tochter als Mitgift gedient hatte. Ein Teil des Schlosses war ein Hotel, ein anderer ein Restaurant, das wir dann auch gleich zum Mittagessen frequentierten.
Wir erreichten unser nächstes Ziel Lancut bei leichtem Regen, doch ließ dieser bald nach, so dass wir uns die Stadt und den Schlosspark ansehen konnten. Große Teile des Schlosses waren bereits restauriert und so freuten wir uns auf die Besichtigung am nächsten Tag. Diese wurde für uns zur Überraschung, denn auch hier fanden wir eine Fülle von Exponaten vor, die uns schier den Atem verschlug. Die Zeit reichte kaum, sich das alles anzusehen.
Als letzter Punkt stand Krakau auf unserer Liste. Auch hier war das Hotel von uns taktisch geschickt gewählt worden, denn wir konnten sowohl die Altstadt, wie auch den Wawel zu Fuß erreichen. Da wir früh genug ankamen, marschierten wir zum Marktplatz und sahen uns die Tuchhallen und die Marienkirche an. Für uns beide war es wie in Warschau ein Wiedersehen mit der Stadt, denn wir hatten bereits 2011 einige Tage in Krakau verbracht und waren auch damals von Urszula bestens betreut worden. Diesmal konnten wir mehr Fotos machen als bei unserem ersten Besuch. Vor knapp vier Jahren war Elmar über eine in der Nacht schlecht zu erkennenden Stufe gefallen. Dabei war außer seiner Hose auch die Kamera Hopps gegangen.
Der nächste Tag galt dem Wawel. Die gewaltige Burganlage, die im Lauf der Jahrhunderte immer wieder verändert und erweitert worden war, stellte mit ihrer Sammlung einen Höhepunkt unserer Reise dar. Wir besorgten uns auch dort etliche Unterlagen und kehrten am Nachmittag ausgepumpt, aber zufrieden, zum Hotel zurück. Zu Abend wollten wir in der Altstadt essen, doch das wurde zur Kopfsteinpflaster-Odyssee. Jedes Lokal, in das wir kamen, war – Originalton Urszula – ¬'knallvoll'. Auf jeden Fall gab es nirgends mehr Platz für vier Personen. Im Hotel zurückgekehrt erhielten wir die Information, dass wir im anschließenden Stadtteil Kazimierz mit Sicherheit etwas finden würden. Dies war zum Glück auch der Fall. Der lange Marsch hatte jedoch bei uns allen Spuren hinterlassen. Wir waren seit vierzehn Tagen unterwegs, hatten dabei steile Stiegen, viele Schlosstreppen und unzählige Kilometer mit dem Beeren und zu Fuß zurückgelegt.
Am nächsten Tag kostete daher sogar das Aufstehen Überwindung. Wir schafften es trotzdem, das von Urszula aufgestellte Programm zu erledigen. Unser Aufenthalt in Polen näherte sich nun seinem Ende. Wir hatten ungeheuer viel gesehen, mit etlichen Museumsdirektorinnen und –direktoren sowie einen Historiker gesprochen, und einige hundert Fotos gemacht. Dazu kamen etliche Kilo Bücher und anderes Informationsmaterial. Elmar begann in den Nächten bereits von unserem geplanten Roman zu träumen und meinte am letzten Morgen, er könnte sich hinsetzen und das erste Drittel schreiben, da es sich so plastisch in seinen Gedanken abzeichnen würde.
Am nächsten Tag wollten wir Polen verlassen. Vorher ergab sich aber noch ein Abstecher nach Kattowitz. Unsere polnische Verlegerin Sonia Draga hatte uns nämlich in ihren Verlag eingeladen und dieser Einladung folgten wir gerne.
Gegen 15:30 Uhr verabschiedeten wir uns von Sonia Draga und ihrem Team sowie unserer unermüdlichen Reisegefährtin Urszula und lenkten unseren braven Beeren heimwärts. Irgendwann blieb die Grenze Polens hinter uns zurück und eine aufregende und interessante Recherchereise ging ihrem Ende entgegen.
An dieser Stelle wollen wir Urszula noch einmal von Herzen danken. Ohne sie hätten wir weniger als die Hälfte dessen gesehen, erlebt und erfahren, was wir sehen durften. Die Fahrt mit ihr war anregend und amüsant und wir freuen uns darauf, diesen Roman zu schreiben.
Urszula wird übrigens einen Bericht über unsere gemeinsame Reise im Rundfunk bringen nach dem Motto: Iny Lorentz war hier!
Iny und Elmar Lorentz