Reisen & Recherchen
Jeder Roman, den wir schreiben, fordert seine Recherche. Hierbei geht es nicht nur darum, Sachbücher zu lesen und Daten zu sammeln. Man muss auch ein Gefühl für die Gegenden bekommen, in denen der Roman spielen soll, und auch für die Menschen, die darin vorkommen. Dies ist meistens mit einer Reise, manchmal auch mehreren Reisen verbunden. Wir waren bereits 2018 in Jordanien und Israel auf den Spuren unserer Helden und hatten uns dabei ein sehr ambitioniertes Programm vorgenommen. Schon damals hatten wir das Gefühl, dass wir noch einmal wiederkommen und gezielt nach weiteren Informationen suchen müssten. Elmar ging es dabei vor allein um die Museen in Amman, die letztes Jahr noch nicht auf dem Programm standen.
2018 hatten wir uns für einen Nachtflug nach Amman entschieden, der ein Umsteigen in Frankfurt bedingte. Wir kamen um 05:00 Uhr im Hotel an und am Vormittag begann dann auch schon unserer Besichtigungsprogramm. Für heuer war uns das zu stressig und so ging es sehr früh zum Flughafen. Unser erstes Ziel war Wien, um dort in das Flugzeug nach Amman zu steigen. Die Zeit für den Flugzeugwechsel war knapp bemessen und so trug die halbe Stunde, die unsere Maschine später als geplant in München abhob, nicht gerade zu unserem Wohlbefinden bei.
In Wien angelangt, hieß es sich zu tummeln, wie der Österreicher sagt, sprich Iny legte mit ihren Krücken einen Gang ein, dass Elmar ihr kaum zu folgen vermochte. Allerdings hatte die Amman-Maschine Verspätung und so kamen wir gerade noch rechtzeitig zum Einchecken. Der Flug verlief ruhig und in Amman angekommen, wartete bereits ein Fahrer darauf, uns zum Hotel zu bringen.
Am nächsten Morgen ging es um 08:00 Uhr los. Elmar hatte im Vorfeld die für uns wichtigen Punkte an die örtliche Agentur gemeldet und diese wurden dann, um ein paar erweitert, zu denen uns unser Guide Fuad riet, in den nächsten Tagen aufgesucht. In unserem Fokus standen vor allen jene Museen, die der Vergangenheit dieses Landstrichs und seiner Bewohner gewidmet sind. Das Jordanische Nationalmuseum zählte ebenso dazu wie das Volkskundemuseum und etliche andere.
Wir haben die Eigenschaft, uns länger in Museum aufzuhalten als die meisten Leute, und so musste Fuad sich zügeln, da er dies nicht gewohnt war. Wir hatten uns jedoch genug Zeit für die Besichtigungen genommen, so dass wir alles aufsuchen und ausführlich anschauen konnten. Fuad erwies sich hier als Quell des Wissens und versorgte uns mit vielen wertvollen Informationen.
Wir wandelten auf den Spuren der Ammoniter, deren Hauptstadt Rabat Ammun heute als Amman bekannt ist, der Römer und Kreuzritter bis hin zu den Osmanen, die das Land mehrere Jahrhunderte lang beherrschten. Fuad hatte in Deutschland und dann später in Jordanien studiert und erwies sich als profunder Kenner der Geschichte seines Landes, dessen Bewohner und deren Sitten. Vor allem kannte er ein paar Museen, die Elmar nicht herausgefunden hatte, und so kam immer mehr Material zusammen. Es war zuletzt so viel, dass wir wahrscheinlich einmal noch einen weiteren Roman über diese Lande werden schreiben müssen.
Die Tage in Amman gingen für unser Gefühl viel zu rasch vorbei und so hieß es eines Abends, Abschied von Fuad zu nehmen. Nun folgte der zweite Teil dieser Reise, nämlich ein kurzer Aufenthalt in Hammamet Ma'in mit seinen heißen Quellen, in deren Wasser schon Herodes und Kleopatra gebadet haben. Wir stiegen auch ein paar Mal in die Brühe, doch unsere Aufmerksamkeit galt der wildromantischen Umgebung dieser Oase inmitten einer kargen Berglandschaft. Außerdem galt es, die in Amman und Umgebung gesammelten Informationen zu ordnen, und darüber hinaus unsere Gedanken auf weitere Projekte zu lenken, die wir in Lauf der nächsten Jahre verwirklichen wollen. Eine gewisse Abgeschiedenheit ohne Telefon und Internet ist dafür sehr wertvoll.
Der Aufenthalt in Hammamet Ma'in war nur kurz, dann ging es weiter zum Toten Meer. Dort setzten wir unsere Gespräche und Planungen fort. Elmar saß dort stundenlang am Schreibtisch, um unsere Überlegungen mit der Hand zu notieren. Es wurden schließlich 36 Seiten, die er dicht beschrieben mit nach Hause brachte. Sie betreffen insgesamt fünf Romane, die wir im Lauf der nächsten zwei, drei Jahre schreiben wollen, und auf die wir uns jetzt schon freuen. Wie bereits bei früheren Reisen erwies sich die klausurähnliche Abgeschiedenheit als sehr fruchtbar. In einer angenehmen Umgebung, fern aller Störungen des normalen Lebens, erweisen sich unsere kleinen, grauen Zellen als äußerst emsig. Iny meinte daher, solange wir reisen können, werden uns die Ideen für neue Romane nicht ausgehen.
Die Hotelanlage am Toten Meer war paradiesisch, doch gab es auch hier eine Schlange. Wir waren nämlich ein ganzes Stück vom Hauptgebäude entfernt untergebracht und mussten auf dem Weg zu den Mahlzeiten einen ziemlich steilen Anstieg bewältigen. Für den brauchten wir eine knappe Viertelstunde. Den Vorschlag der Hotelangestellten, uns mit einem Golfwagen abzuholen, lehnten wir jedoch ab. Zur Kräftigung des Geistes gehört auch eine gewisse Anstrengung, und von der hatten wir auf diesem Weg genug.
Wie man aus der Bibel weiß, wird man aus Paradiesen leicht vertrieben. Bei uns war es der Rückflugtermin, der uns dazu zwang, unsere Koffer zu packen und uns zum Flughafen bringen zu lassen. Dort stellte sich für uns die Frage, weshalb bei den Sicherheitskontrollen in Amman alles reibungslos verläuft, während in München bereits Leute wegen der langen Wartezeiten ihre Flugzeuge verpasst haben. Unser Flugzeug hob auch auf die Sekunde genau ab und es war abzusehen, dass wir in Wien den Flugzeugwechsel schaffen würden.
Der Flug selbst wurde etwas turbulent. Eine Stunde lang wackelte die Maschine wie in einem Rüttelsieb. Die Essen- und Getränkeausgabe war in der Zeit unmöglich. Später wurde es etwas angenehmer und wir konnten Hunger und Durst doch noch stillen. In Wien war so einiges los. Die Maschine nach München hatte natürlich Verspätung und so schafften wir den Umstieg ohne Probleme. Gegen 22:00 Uhr erreichten wir die Heimat, sichteten die Post und die Emails, und gingen schließlich mit dem Gedanken ins Bett, dass uns der Alltag wieder in seinen Klauen hält. So schlecht ist das allerdings auch nicht, denn jetzt können wir loslegen und all die Gedanken und Ideen, die wir in Jordanien notiert haben, in Romane umsetzen.
Iny und Elmar Lorentz