Reisen & Recherchen

Prag und die Rache der Wanderhure

Nachdem wir bereits 2009 die Dreharbeiten für 'Die Wanderhure' nach Fót bei Budapest besuchen durften, freuten wir uns sehr, dass wir auch zu den Dreharbeiten für 'Die Rache der Wanderhure' eingeladen worden waren. Diesmal ging es nach Prag, der goldenen Stadt an der Moldau.

Am Morgen des 20.09.2011 beluden wir frohgemut unseren Dicken, holten unsere Agenturlektorin Ingeborg ab und fuhren gemeinsam zum S-Bahnhof. Dort stieß mit unserer Filmagentin Isabel das vierte Mitglied unserer kleinen Reisegruppe zu uns. Kurz darauf rollte unser braver Dicker auf der Autobahn Richtung Prag.

Isabel hatte uns im Vorfeld telefonisch unser Hotel durchgegeben, und wir unsere Fahrtroute entsprechend geplant. Unterwegs fragte Elmar, ob es beim Hotel 'Andel' geblieben wäre. Isabel bejahte, nannte aber eine andere Adresse als die, die wir aus dem Internet geholt hatten. Da es sich dabei aber um eine Parallelstraße der anderen handelte, dachten wir nicht weiter darüber nach, sondern glaubten, es gäbe bei dem Hotel eben zwei verschiedene Eingänge.

Unsere Fahrt ging ohne Probleme von statten und so standen wir schliesslich vor dem Hotel 'Andel'. Isabel rauschte in die Rezeption, um uns anzumelden, sah sich dann aber einem völlig verwirrten Hotelangestellten gegenüber, der weder etwas von dem Team von TV60 noch von einer Reservierung für uns wusste. Er erwies sich aber hilfreich und erklärte, dass es um die Ecke noch ein Andel's-Hotel gäbe. Wir bedankten uns bei dem Mann und setzten unsere Fahrt fort. Um zum Andel's zu kommen, mussten wir nach rechts abbiegen. Zuerst kamen mehrere Einbahnstraßen in die verkehrte Richtung, dann aber der ersehnte Abbiegerpfeil. Elmar ordnete sich rechts ein und fand sich ohne Vorwarnung in der Tiefgaragenzufahrt eines großen Einkaufszentrums wieder.

Nun sind Tiefgaragen nicht unbedingt die Freunde unseres Dicken und wir schauen immer genau auf die Höhenangaben. So etwas gab es hier aber nicht. Daher stieg Iny aus und kontrollierte, ob wir unter der Prüfstange durch passten. Es ging um Fingerbreite. In der Tiefgarage suchte Elmar erst einmal vergebens nach einem Kassenautomaten, um bezahlen zu können. Ein freundlicher Angestellter erklärte ihm schließlich, dass die Tiefgarage kostenlos wäre und er nur den Einfahrtbeleg vor den Scanner bei der Ausfahrt halten müsste.



Dirk Salomon, Iny, Elmar, Isabel, Thomas Wesskamp


Dies tat er, und nun erwies sich der Abstecher in die Tiefgarage als nützlich, denn danach standen wir in der richtigen Strasse und mussten nur noch einmal abbiegen, um zum Andel's zu kommen. Dank der genauen Informationen, die Isabel erhalten hatte, konnten wir den Dicken in der Tiefgarage des Hotels abstellen und einchecken. Noch während wir dabei waren, tauchten die Drehbuchautoren Thomas Weßkamp und Dirk Salomon auf, die mit dem Zug nach Prag gekommen waren. Es gab ein großes Hallo und wir verabredeten, uns nach dem Beziehen der Zimmer in der Hotelbar zu treffen.

Dies geschah auch. Noch während wir in fröhlicher Runde zusammensassen, erschien Manfred Brey, der Unit Production Manager des Filmteams, und gab uns einen ersten Bericht über die Dreharbeiten.

Nach dem Abendessen in einem vom Filmteam empfohlenen Restaurant kehrten wir in die Hotelbar des Andel's zurück. Inzwischen war auch der Produzent Andreas Bareiß angekommen und gab uns einen weiteren Einblick in das Filmprojekt ‚Rache der Wanderhure‘. Zuerst lobte er die professionelle Arbeit des tschechischen Filmteams, das sich bereits bei etlichen großen Filmen wie Ramadama, Amadeus, Mission Impossible und anderen ausgezeichnet hat. Dann aber kam er auf die Verfilmung unseres Romans zu sprechen. Uns blieb vor Staunen fast die Luft weg, als er so ganz locker meinte, das 170 Filmschaffende an der Produktion der ‚Rache der Wanderhure‘ beteiligt wären, von Maskenbildnern angefangen über Garderobieren, Technikern und anderen bis hin zu 25 Leuten, die sich nur um die Pferde kümmern, die für diesen Film gebraucht werden.

Als weitere Highlights nannte er die verschiedenen Schauplätze, an denen gedreht wurde und noch wird. Einen der imposantesten, so sagte er, würden wir am nächsten Tag kennenlernen. Um unsere Neugier noch mehr anzuheizen, zeigte er uns einige Standbilder, die während des Drehs aufgenommen worden waren. Er war sehr stolz darauf und wir sehr beeindruckt. Umso mehr freuten wir uns darauf, Alexandra Neldel und die anderen auch live zu erleben.

Diese Gelegenheit kam für uns am nächsten Morgen. Um 09:15 Uhr hieß es für uns, die 'Goldene Caravelle' zu suchen, die uns zum Drehort bringen sollte. So stand es in unserem Plan. Zur genaueren Kennzeichnung trug dieser VW-Bus auch ein Schild mit 'Filmteam Kastellanin'. Auf Grund der knappen, zur Verfügung stehenden Zeit hatten wir diesmal darauf verzichtet, mit dem Wohnwagen anzureisen, sondern uns mit Ingeborg, Isabel, und unseren beiden Grimme-Preisträgern Thomas Wesskamp und Dirk Salomon zusammen in Hotel des Filmteams einquartiert. Der Fahrer der Gold-Caravelle brachte uns sechs in einer guten Stunde in eine wildromantische Gegend, die bei einigen Mitreisenden Urlaubsgefühle hervorrief. Ziel war eine große, stattliche Burg, bei deren Anblick Dirk ausrief, dagegen wäre das sonst so imposante Schloss seines Bekannten, Baron Hubertus von Breidbach-Bürresheim, ein besseres Reihenhaus. Wir fanden, dass Andreas Bareiss uns am Vorabend wirklich nicht zu viel versprochen hatte. Dieser Schauplatz war einfach überwältigend.

So gab es neben wuchtigen Gebäuden und Türmen auch Burghof, in dem auch die wichtigste Stelle eines Sets aufgebaut war, nämlich das Cateringzelt. Auch Schauspieler müssen essen und trinken, von dem Aufnahmeteam ganz zu schweigen. Wir stärkten uns erst einmal mit Kaffee und beobachteten dabei die Komparsen, die auf ihren Einsatz warteten. Dabei fiel uns bereits jetzt die lockere, angenehme Stimmung auf, die hier am Set herrschte. Dieser Eindruck verstärkte sich mit jeder Minute mehr. Die Leute, die hier arbeiteten, waren Profis im wahrsten Sinne des Wortes.

Plötzlich tauchte Alexandra Neldel so schön, fröhlich und munter wie immer auf, um uns zu begrüßen. Wir freuten uns riesig und drückten ihr die Daumen für die restlichen Drehtage. Hatte vor zwei Jahren bei unserem Besuch in Fót bei Budapest Nadja Becker alias Hiltrud von ihren Erfahrungen mit den Ziegen berichtet, erzählte Alexandra jetzt von Erlebnissen mit ihrem Pferd. Sie brachte es so witzig vor, dass wir uns vor Lachen bogen.

Nachdem Alexandra wieder zum Dreh zurückkehren musste, zupfte Ingeborg Elmar am Ärmel und zeigte auf eine andere Schauspielerin. 'Sieh dir diese Frau an, die hat ein so wunderschönes Gesicht!'



Isabel hörte es ebenfalls und raunte uns zu, dies wäre Esther Schweins. Wir anderen hatten sie in ihrem Gewand nicht erkannt. Dies tat unserer Freude, Esther Schweins kennenzulernen, keinen Abdruck. Später trafen wir dann auch Götz Otto, Bert Tischendorf und Daniel Roesner. Für uns war es, als wären wir nach kurzer Abwesenheit in die eigene Familie zurückgekehrt. Es war ergreifend und schön. Die Stimmung hier am Set war noch besser als vor zwei Jahren in Fót bei Budapest, und schon damals hatten wir geglaubt, dass sie nicht mehr getoppt werden könnte.

Der Aussage eines uns bekannten Drehbuchautoren zufolge sind Besuche von Drehbuchautoren und Autoren der Vorlageromane am Set so beliebt wie Pest und Cholera. Auch uns hatte man nicht nur zum Zuschauen eingeladen. Es war nämlich der 'PRESS DAY', an dem die Presse über das Projekt informiert wird. Daher mussten die Schauspielerinnen und Schauspieler, aber auch die Drehbuchautoren und wir bei einigen Interviews Rede und Antwort stehen.

Zur Belohnung konnten wir dann beim Dreh einer Szene zusehen und Alexandra Neldel, Esther Schweins und Götz Otto in voller Aktion erleben. Nach einem letzten Kaffee wartete die 'Goldene Caravelle' darauf, uns wieder nach Prag zurückzubringen. Als wir dort ankamen, war es bereits Zeit zum Abendessen.

Diesmal führten uns Andreas Bareiss und Manfred Brey in einen typisch tschechischen Biergarten, in dem es noch recht lustig wurde. Daran war die hübsche Kellnerin nicht ganz unschuldig. Es gab zwar Speisekarten in deutsch und englisch, nur war die junge Frau beider Sprachen nicht mächtig. Daher wurde das Bestellen zu einer interessanten Lotterie. Auf den, der sich nicht auf ein Schnitzel beschränkte, wartete teilweise eine interessante Überraschung. Hauptleidtragende war Iny, die sich als Nachtisch eine gebackene Birne in Rotweinsauce ausgesucht hatte. Beim ersten Mal wurden ihr Quarkküchlein aufgetischt, die dann Manfred Brey übernahm, und beim zweiten Mal Apfelstrudel. Da es insgesamt drei verschiedene Desserts gab, riet Dirk ihr, es noch einmal zu versuchen. Sie war jedoch weiteren Experimenten abgeneigt und gab sich mit dem Apfelstrudel zufrieden.

Als wir zu später Stunde ins Hotel zurückkehrten, trafen wir noch auf den Regisseur Hansjörg Thurn mit seinem Kameramann und dem Cutter. Diese hatten sich noch rasch die Aufnahmen des Tages angesehen und erklärten sehr zufrieden, dass sie toll geworden wären.

Vorher hatte Elmar auf dem Heimweg noch eine Buchhandlung entdeckt und beschlossen, am nächsten Morgen hinzugehen. Zunächst aber gingen wir ins Bett, während Isabel und unsere Drehbuchautoren sich noch in die Bar setzten.

Nachdem wir am Morgen wieder auf den Beinen waren, frühstückten wir zunächst gemütlich. Da kam auf einmal Isabel ganz aufgeregt auf uns zu und rief: 'Wisst ihr es schon? Alexandra Neldel ist für den Deutschen Fernsehpreis als beste Schauspielerin für die Rolle der Marie nominiert worden!“ Ich habe es gestern Nacht noch erfahren, wollte euch aber dann doch nicht mehr wecken!'

Unsere Überraschung, aber auch Freude war riesengroß und wir fragten Isabel förmlich Löcher in den Bauch. Am meisten aber bedauerten wir, dass wir Alexandra nicht persönlich zu dieser Nominierung gratulieren konnten. Sie war nämlich schon zum Set gefahren worden.

Durch diese Nachricht hätte Elmar fast die Buchhandlung vergessen. Er sauste aber doch noch los und kehrte kurz darauf mit der tschechischen Ausgabe unseres Nicola-Marni-Thrillers 'Die Tallinn-Verschwörung' und passend zu unserem Set-Besuch mit 'Die Kastellanin' auf Tschechisch auf.

Danach galt es Abschied zu nehmen. Thomas Wesskamp und Dirk Salomon hatten noch eine Besprechung für ein anderes Projekt. Ingeborg, Isabel und wir stiegen nach einem letzten Händeschütteln in unseren Dicken und steuerten ihn Richtung Heimat.

Unterwegs legten wir auf dem Schloss des bereits erwähnten Barons Hubertus von Breidbach-Bürresheim, der auch ein guter Bekannter von Isabel ist, einen Zwischenstopp ein, assen dort zu Mittag und konnten uns mit eigenen Augen überzeugen, dass Dirk Salomon arg übertrieben hatte. So viel grösser als dieses Schloss war die Burg in Tschechien auch wieder nicht.

Am Nachmittag erreichten wir schließlich München, luden Isabel an der nächsten U-Bahn-Station aus und brachten Ingeborg nach Hause. Kurz darauf war auch für uns die Fahrt zu Ende. Hinter uns lagen aufregende Stunden mit einer wieder überragenden Alexandra Neldel, einer schönen, eleganten Esther Schweins, gut aussehenden Herren und interessanten Gesprächen, kurz und gut ein Highlight, wie man es sich besser nicht wünschen kann.

Wir bedanken uns sehr herzlich bei Andreas Bareiss und SAT1, dass sie uns dieses Erlebnis ermöglicht haben! Es war einfach großartig. Jetzt freuen wir uns noch mehr auf den Film!

Iny und Elmar Lorentz