Reisen & Recherchen

Die Südsee – Traum und Inspiration

Vor ein paar Jahren meinte Elmar bei einem Gespräch in der Agentur so ganz nebenbei, er würde gerne einmal in die Südsee reisen. Als unsere Agentin das hörte, erklärte sie sofort, dass wir, wenn wir das tun, einen Roman schreiben müssten, der dort spielt.

Wir wissen nicht, was den Ausschlag gegeben hat, Elmars unausgegorener Wunsch oder Liannes Bemerkung. Auf jeden Fall geisterte von da an der 'Südseeroman' in unseren Gedanken herum. Nun sind die Inseln im Pazifischen Ozean kein Reiseziel, bei dem man ins Auto steigt und ein paar Stunden später dort ist. Außerdem muss man überlegen, wo genau man hin will. Die Inselwelt des Pazifiks ist groß und man sollte sich daher ein bestimmtes Ziel aussuchen.

Es folgten etliche Überlegungen und schließlich Gespräche mit den Mitarbeitern des Reisebüros unseres Vertrauens. Die Frage war, wo bekommt man bei einer Reise am meisten Südsee mit. Der Fokus richtete sich dabei immer mehr auf Französisch-Polynesien und auf einen Inseltrip per Schiff. Einige Zeit lang favorisierten wir eine Fahrt mit der Aranui V, die in einer Art Linienverkehr eine große Anzahl von Inseln anfährt. Zu bedenken war jedoch, dass es sich um ein Frachtschiff handelte, das auch Passagiere mitnimmt, aber bei einigen interessanten Inseln nur so lange bleibt, bis die Ladung gelöscht ist. Für eine Erkundung der Insel war das zu wenig Zeit, und auf der Insel zu bleiben, bis wir zwei Wochen später wieder abgeholt werden, war nicht gerade in unserem Sinn.

Daher kristallisierte sich immer mehr eine Rundreise mit der 'Paul Gauguin' heraus, die von Tahiti aus neun andere Inseln anfahren und jeweils einen Tag vor Anker bleiben würde. Das ist nicht viel Zeit, reicht aber aus, um sich umzusehen und Informationen einzuholen. Um nicht nur auf diese Rundfahrt angewiesen zu sein, planten wir mehrere Tage vorher anzureisen und hinterher noch eine Woche auf Tahiti zu bleiben, um die restlichen Recherchen zu betreiben.

Nach fast zweijährigen Vorbereitungen war es Mitte November 2015 so weit. Wir stiegen in eine Air France Maschine, die uns nach Paris brachte, und wechselten dort in jenes Flugzeug über, das von dort aus mit einem Zwischenstopp nach Tahiti flog. Die Gesamtreisezeit betrug um die dreißig Stunden inklusive der kurzen Aufenthalte in Paris und in Los Angeles. Als wir ankamen, waren wir erst einmal geplättet. Der Jetlag war auf dieser Strecke allerdings nicht so schlimm wie in die Gegenrichtung und so waren wir schon bald unterwegs, um die ersten Informationen zu sammeln. Wichtig war auch ein gut sortierter Buchladen, in dem wir etliches an Material besorgen konnten. Wir hatten sogar Glück, einige Sachen in Englisch zu finden. Auch sonst zeigte es sich, wie gut es war, früher angereist zu sein. Wir konnten einiges erledigen und schließlich halbwegs entspannt an Bord der Paul Gauguin steigen.

Die anschließende Rundfahrt brachte einen ausgezeichneten Überblick über die Inselformen der Südsee. Obwohl alle durch Vulkane entstanden sind, war es doch faszinierend zu sehen, wie sehr sich die einzelnen Inselgruppen unterschieden. Ragten die Atolle fast bretteben nur wenige Meter aus dem Meer heraus, strebten andere Inseln förmlich in den Himmel. Von Korallenriffen gebildete Lagunen wechselten sich mit Steilküsten ab, die nur wenige Landungsmöglichkeiten boten. Als wir mit den kleinen Tenderbooten an Land gesetzt wurden, war es leicht, sich vorzustellen, wie sich die Besatzungen der Segelschiffzeit gefühlt haben mussten.

Wir hatten auch mit unseren Fremdenführern außerordentliches Glück. Jeder war ein Spezialist auf seinem Gebiet und seit Jahrzehnten dort ansässig. Andere stammten von dort und wussten interessant zu erzählen, so wie Frieda, deren Großvater aus Deutschland stammte und die uns auf Hiva Oa begleitete. Stück für Stück formte sich die Idee für den geplanten Roman heraus und die Seiten in Elmars Notizblock füllten sich immer mehr.

Während sich die meisten anderen Passagiere der Paul Gauguin nach der Rückkehr nach Tahiti in Richtung Flughafen bewegten, um nach Hause zu fliegen, führte unser Weg uns wieder in ein Hotel. Es galt, die Recherchen weiterzuführen und so begaben wir uns noch einmal nach Papeete, der Hauptstadt von Tahiti, um mehrere Dinge zu besorgen, die wir bereits vor der Schifffahrt ins Auge gefasst hatten. Ein sehr wichtiger Posten auf unserer Liste war auch das 'Musée de Tahiti et les Iles'. Die Ausstellung war nicht nur grandios. Wir fanden im Museumsshop auch weiteres Informationsmaterial einschließlich mehrerer DVDs mit deutschem Text.

Nach fast vier Wochen kam schließlich der Abschied von Tahiti und der Südsee. Eine gewisse Wehmut war dabei, als wir Mitte Dezember das Flugzeug bestiegen, um nach Hause zu fliegen. Nach noch einmal dreißig Stunden standen wir wieder vor unserer Haustür und die Reise war Vergangenheit. Sie war sehr interessant, aber auch anstrengend, zum Beispiel, wenn wir steile Hänge hochklettern mussten, um die Ruinen heiliger oder anderer wichtiger Plätze aufzusuchen. Wir kamen mit überwältigenden Eindrücken zurück, mit viel Informationsmaterial, das in den nächsten Monaten gesichtet werden muss, und mit einem vollen Notizblock. Auch wenn wir diesen Roman wahrscheinlich erst in einiger Zeit in Angriff nehmen können, so fühlen wir uns doch gut gerüstet.

Iny und Elmar Lorentz